Ras al-Jinz – Im Zeichen der Schildkröte


      Keine Kommentare       Mathias       AllgemeinOman      


Ein weiteres Highlight im Oman und auch touristisch sehr bekannt, ist der Ort Ras al-Jinz an der nordöstlichsten Spitze des Sultanats. Dort steht ein 45 Kilometer langer Küstenstreifen komplett unter Naturschutz. Und das aus gutem Grund. Hier kommen besonders in den Sommermonaten, aber im Grunde genommen täglich große Meeresschildkröten zur Eiablage an den Strand. Kleineren Gruppen wird es ermöglicht dieses Naturschauspiel zu beobachten. Das möchten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Es werden zweimal täglich Führungen angeboten, eine sehr früh morgens und eine abends. Das hängt damit zusammen, dass die Schildkröten nur im Schutz der Dunkelheit zur Eiablage das Meer verlassen. Wir haben beides reserviert, um im besten Fall Schildkröten beim Eierlegen und Neugeborene auf dem Weg ins Meer beobachten zu können. Allerdings kann nicht garantiert werden überhaupt welche zu sehen, da Winter ist und im Sommer deutlich mehr Schildkröten die Brutstätte aufsuchen. Wir sind also sehr gespannt, was uns erwartet.

So machen wir uns um 20 Uhr auf den Weg zum Turtle Reserve, von wo aus die Führungen starten. Dort angekommen zeigen wir unsere Voucher vor, müssen noch bezahlen (3 OMR p.P.) und etwas warten bis es endlich losgeht. Ich bin schon ganz aufgeregt. 🙂

In einer Gruppe von etwa 20 Personen verlassen wir das Gebäude bevor wir in einen kleinen Bus einsteigen, der uns zum Strand fährt. Die Fahrt dauert ca. fünf Minuten. Es ist bereits stockdunkel! Schon weit vor dem Strand stellt der Busfahrer jegliches Licht ab. Ich vermute, um die Schildkröten nicht bei der Verrichtung ihrer äußerst wertvollen Aufgabe zu stören. Schließlich suchen sie sich dafür extra die Nacht heraus. Als wir ankommen und alle ausgestiegen sind, werden wir nochmals eindringlich darauf hingewiesen äußerst leise zu sein und in keinem Fall Fotos mit Blitz zu machen, da sich die Schildkröten sonst gestört fühlen könnten und im schlimmsten Fall die Eiablage abbrechen. Nicht weit entfernt ist es endlich so weit, der Guide deutet mit seiner kleinen Taschenlampe auf einen Punkt, um den wir uns im Halbkreis aufstellen sollen. Als wir näher treten sehen wir in einer großen Mulde eine riesige Schildkröte, die in eine kleinere Vertiefung tapfer ein Ei nach dem anderen herauspresst. Wundervoll! Man sieht ihr förmlich an, wie angestrengt und konzentriert sie ist. Der Guide leuchtet das Hinterteil etwas an, sodass alle das Spektakel verfolgen und Fotos machen können. Ich hoffe nur, dass sich die Schildkröte wirklich nicht gestört fühlt. Es vergehen ein paar Minuten voll Faszination, bevor sich alle etwas entfernen und der Guide einiges erklärt. Das Geschlecht der Schildkröten ist bspw. abhängig von der Außentemperatur des Sandes, in dem die Eier liegen. Bei 28 Grad Celsius oder weniger werden es Männchen und bei 29 Grad oder mehr Weibchen. Verrückt! Die hier geborenen Weibchen werden auch immer wieder an diesen Strand, also an diese 45 km Küste, zum Eierlegen zurückkommen. Eine Schildkröte legt bis zu 100 Eier auf einmal, allerdings überleben von 1000 Babys auch nur bis zu drei. 🙁 Das liegt vor allem an den vielen Gefahren und Fressfeinden einer so jungen Schildkröte. Die Mutter kehrt nach der Eiablage wieder ins Meer zurück und lässt das Nest somit mehr oder weniger schutzlos für Nesträuber zurück. Auf dem Weg zum Meer warten dann vor allem hungrige Vögel auf die frisch geschlüpften. Also ich muss sagen, eine so kleine Schildkröte hat es gewiss nicht leicht.

Nach diesen wirklich interessanten Neuigkeiten gehen wir nun noch einmal zurück zur Schildkröte, die wir nun dabei beobachten können, wie sie die Eier mit ihren Flossen zuschaufelt. Anschließend treten wir den Rückweg an, da es heute Abend keine Neugeborenen zu beobachten gibt. Leider! Aber da soll morgens die Wahrscheinlichkeit sowieso höher sein und wir kommen morgen ja nochmal. 🙂

4.10 Uhr: Der Wecker klingelt aufdringlich unaufhörlich. Hallo? 4.10 Uhr! Ich bin doch im Urlaub. Was man nicht alles in Kauf nimmt um Mini-Schildkröten zu sehen. 4.45 Uhr beginnt die Führung. Also kurz in die Klamotten schmeißen und auf geht’s Richtung Turtle Reserve. Dort angekommen stehen wir vor einer verschlossen Schranke. Okay dann schau ich halt mal in das Schrankenhäuschen rein, vielleicht ist ja tatsächlich jemand anwesend. Und siehe da, es liegt tatsächlich jemand schlafend auf dem Boden. Ich klopfe vermeintlich rüde an die Tür. Es bewegt sich sofort etwas unter der Decke. Ein Mann kommt zu sich, schaut etwas ungläubig auf die Uhr, aber öffnet schließlich die Schranke. Sorry, aber ich will Baby-Schildies sehen. 🙂

Im Gebäude angekommen sind wir erstmal die Einzigen. Nach ein paar Minuten gesellen sich aber noch ein paar wenige, sehr müde ausschauende Personen dazu. Und aufs Neue geht es mit dem Busschen zum Strand los. Am Strand angekommen warten wir am Bus, bis der Guide den Strand nach Schildkröten abgesucht hat. Er läuft sehr weit, vielleicht zu weit. Ein ungutes Gefühl baut sich in mir auf, die Spannung steigt ins Unermessliche. Werden wir heute frisch geschlüpfte Schildkröten zu Gesicht bekommen? Der Guide scheint wirklich sehr gründlich zu suchen. Nach etwa 20 Minuten kehrt er zum Bus zurück und mein flaues Gefühl scheint sich leider zu bewahrheiten. „No turtles today!“ Er macht die Off-Season und das etwas stürmische Wetter dafür verantwortlich. Nichtsdestotrotz macht sich ein wenig Enttäuschung bei mir breit, aber so ist das eben mit Mutternatur. Man kann sie nicht beeinflussen und das ist meiner Meinung auch gut so. Heute hat es einfach nicht sein sollen. Aber es hat sich definitiv gelohnt und war ein super Erlebnis!

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